Vinciane Despret & Katrin Solhdju

Arbeiten über dem Zwischenfeld

krankenhaus leerDie Toten, die vergessen wurden, haben in einem schlechten Milieu gelebt und ein speziell schlechtes Milieu für die Toten ist das Feld der Theorie und der Psychologie, denn hier gilt die Regel, dass man keine Beziehungen zu den Toten unterhalten, sondern sie symbolisch bewerten sollte. Bei ihren Forschungen zu den vielfältigen Verhältnissen, die Menschen mit ihren Toten unterhalten, hat Vinciane Despret das akademische Regelwerk verlassen. Stattdessen nutzte sie die Recherchestrategien der französischen Künstlerin Sophie Calle: Sie ging jedem Hinweis nach, las jedes Buch, sah sich jeden Film an, alle TV- Serien, die ihr empfohlen wurden, besuchte Spiritisten und nahm an Seancen teil. Dabei lernte die Psychologin und Philosophin, dass der Sinn - zumindest im Verhältnis zwischen Lebenden und Toten - sich nicht durch Erklärungen erschließt, sondern gegeben werden muss, ein Geschenk ist. Im Gespräch mit der Kulturwissenschaftlerin Katrin Sohldju beschreibt sie den Weg ihrer Recherche.

 

 

Vinciane Despret studierte Philosophie, Psychologie und Ethnologie. Sie ist Professorin für Philosophie an der Université de Liège in Belgien und beschäftigt sich mit der Ethnopsychologie des Maskierens und Schmückens sowie mit dem Mensch-Tier-Verhältnis, insbesondere mit der Ethnologie als Wissenspraxis. Momentan erforscht sie die vielfältigen Beziehungen der Lebenden zu ihren Toten. www.vincianedespret.blogspot.com

Katrin Solhdju studierte Kultur- und Religionswissenschaft in Berlin. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften der Universität Siegen und forscht im Bereich Wissenschaftsphilosophie und historische Epistemologie insbesondere zu Theorien des Wissens und des Experimentierens am Lebendigen. www.vlp.mpiwg-berlin.mpg.de